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Freitag, den 13. Oktober 2023 Uhr

Kündigung des Handelsvertreters – wirksam? Experte informiert

Rechtsgebiete: Handelsrecht & Vertriebsrecht

Wird ein Handelsvertretervertrag (§ 89 Abs. 1 HGB) vom Handelsvertreter oder vom Unternehmer gekündigt, so stellt sich zunächst die Frage, ob diese Kündigung wirksam ist. Dabei sind eine Reihe von Urteilen und Gesetzen zu beachte, weiß Rechtsanwalt Dr. Louis Rönsberg, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht. Er vertreitt seit vielen Jahren Mandanten im Handelsrecht außergerichtlich und gerichtlich. Ein Handelsvertretervertrag kann allerdings auch auf andere Weise enden. So etwa durch einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag. Anwalt Dr. Rönsberg gibt einen ersten Überblick über die Folgen einer Kündigung des Handelsvertrerers und wie sich dieser wehren kann.

Ende des Handelsvertretervertrages ohne Kündigung

Ist ein Handelsvertretervertrag nur auf eine vorher festgelegte Zeit abgeschlossen, so endet er mit dem Ablauf der vertraglichen Frist. Die Vertragsparteien können das Ende des Handelsvertretervertrages aber auch vom Eintritt oder Nichteintritt eines bestimmten Ereignisses abhängig machen (bedingter Handelsvertretervertrag). So z.B. der Erreichung eines bestimmten Lebensalters des Handelsvertreters (z.B. 65 Jahre). Weiter endet der Handelsvertretervertrag automatisch mit dem Tod des Handelsvertreters, nicht aber unbedingt mit dem Tod des Unternehmers. Der Tod des Unternehmers kann allerdings für den Handelsvertreter einen wichtigen Grund darstellen, der ihn zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Stirbt der Handelsvertreter, so haben dessen Erben ggf. einen Anspruch auf Handelsvertreterausgleich nach § 89b HGB gegen den Unternehmer.

Der Handelsvertretervertrag kann auch jederzeit im beiderseitigen Einverständnis zwischen Handelsvertreter und Unternehmer aufgehoben werden. Auch wenn dies auf Initiative des Handelsvertreters geschieht, entfällt dadurch nicht notwendig sein Handelsvertreterausgleichsanspruch (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.1997, VIII ZR 329/96). Schließlich endet der Handelsvertretervertrag auch ohne Kündigung im Fa Insolvenzverfahren eröffnet über das Vermögen des Unternehmers . Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Handelsvertreters beendet den Handelsvertretervertrag dagegen nicht automatisch. Allerdings kann das Insolvenzverfahren eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen. Selbst dann hat der Handelsvertreter in der Regel dennoch einen Handelsvertreterausgleichsanspruch, wenn er die Insolvenz nicht verschuldet hat.

Ordentliche Kündigung des Handelsvertreters

Handelsvertreterverträge, die auf unbestimmte Zeit geschlossen sind, kann sowohl der Handelsvertreter als auch der Unternehmer innerhalb der Fristen des § 89 Abs. 1 HGB kündigen. Danach beträgt die Kündigungsfrist im 1. Vertragsjahr einen Monat, im 2. Vertragsjahr 2. Monate, im 3. bis 5. Vertragsjahr 3. Monate.  und nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren sechs Monate. Haben Handelsvertreter und Unternehmer nichts anderes vereinbart, ist die Kündigung des Handelsvertretervertrages jeweils zum Ende des Monats zulässig. Gemäß § 89 Abs. 2 HGB ist auch eine Verlängerung der Kündigungsfrist möglich, solange sie für Handelsvertreter und Unternehmer gleich lang ist.

Eine kürzere Kündigungsfrist des Handelsvertretervertrages ist dagegen unzulässig. Sogenannte „Kettenverträge“ stellen nach deutscher Rechtsprechung ein einheitliches, auf unbestimmte Zeit geschlossenes, Vertragsverhältnis dar. Bei diesen folgt ein  befristeter Handelsvertretervertrag ohne Unterbrechung auf den nächsten. Die Kündigungsfrist richtet sich dann nach der Gesamtdauer.  Eine sog. „Teilkündigung“ liegt vor, wenn der Unternehmer nur einen Teil des Handelsvertretervertrages kündigt.  So z.B. wenn er dem Handelsvertreter einen bestimmten Kundenkreis oder einen Bezirk entzieht.  Eine Teilkündigung ist nur wirksam, sofern sie entsprechend im Handelsvertretervertrag vorgesehen war (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.1992, Az. IX ZR 200/91). Andernfalls ist sie unwirksam.

Außerordentliche Kündigung des Handelsvertreters

Sowohl der Unternehmer als auch der Handelsvertreter können den Handelsvertretervertrag gem. § 89 a Abs. 1 HGB jederzeit fristlos außerordentlich aus wichtigem Grund kündigen. Ein wichtiger Grund liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und bei Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.2000, VIII ZR 134/99). Zudem muss die außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages gem. § 314 Abs. 3 BGB innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen. Diese sollte nach der Rechtsprechung unter zwei Monaten liegen. Weiter ist vor einer fristlosen Kündigung des Handelsvertretervertrages nach der Rechtsprechung regelmäßig eine vorausgehende Abmahnung notwendig. Dies gilt jedoch nicht bei tiefgreifenden Vertrauensverstößen, da sich das Vertrauen zwischen Handelsvertreter und Unternehmer regelmäßig auch durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellen lässt.

Außerordentliche Kündigung durch Unternehmer

Nach der Erfahrung von Rechtsanwalt Dr. Rönsberg, erfolgt eine fristlose Kündigung des Handelsvertretervertrages durch den Unternehmer in der Praxis oftmals wegen eines Verstoßes gegen ein vertraglich vereinbartes oder allgemeines Konkurrenzverbot. Dieser Verstoß kann auch einen tiefgreifenden Vertrauensverstoß bedeuten, sodass dann eine Abmahnung des Handelsvertreters zur Wirksamkeit der Kündigung nicht erforderlich ist. Als zweithäufigsten Grund für eine außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages nennt der Anwalt Täuschungsversuche des Handelsvertreters wie zum Beispiel die Fälschung von Kundenunterschriften oder Auftragsmanipulationen. Nach der Rechtsprechung des BGH kann auch der Versuch einer Straftat des Handelsvertreters zum Nachteil des Unternehmers einen wichtigen Grund darstellen, sofern hinreichender Tatverdacht besteht. Ein wichtiger Grund kann weiter auch beispielsweise in einer groben Vernachlässigung des Bezirks des Handelsvertreters oder des  ihm zugewiesenen Abnehmerkreises liegen. Gleiches gilt für eine grobe Missachtung von Weisungen des Unternehmers trotz Abmahnung.

Außerordentliche Kündigung durch Handelsvertreter

Fristlose Kündigungen des Handelsvertretervertrages durch den Handelsvertreter erfolgen dagegen nach der Erfahrung von Rechtsanwalt Dr. Rönsberg oftmals wegen eines arglistigen Verschweigens von provisionspflichtigen Geschäften. Auch die regelmäßige Verzögerung von Provisionszahlungen oder Zahlungen unter Vorbehalt durch den Unternehmer sowie das Ausspannen von Untervertretern kann Ursache sein. Ein wichtiger Grund kann für den Handelsvertreter jedoch auch darin bestehen, dass der Unternehmer ihm zuvor unberechtigt außerordentlich gekündigt und Dritte über diese Kündigung informiert hatte. Soweit die außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages wegen eines schuldhaften Verhaltens der anderen Vertragspartei erfolgt, hat der Kündigende gem. § 89 a Abs. 2 HGB zudem einen Anspruch auf Schadensersatz. Dies allerdings regelmäßig nur bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist, soweit man nicht auf das Recht zur ordentlichen Kündigung verzichtet hat.

Fazit zur Beendigung des Handelsvertretervertrages

Das Handelsvertreterrecht ist in hohem Maße durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Instanzgerichte geprägt. Ob der Handelsvertretervertrag wirksam beendet ist und ob einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB besteht, ist eine Frage des Einzelfalls. Diese sollte ein auf Handelsrecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen und beantworten.

Für Fragen zum Handelsrecht stehen Rechtsanwalt Dr. Louis Rönsberg und die auf Handelsrecht spezialisierten Anwälte der Kanzlei gerne zur Verfügung.

Kontaktieren Sie uns noch heute, um mehr darüber zu erfahren, wie wir Sie unterstützen können. Rufen Sie uns unverbindlich an! (+49-89-51 24 27 0).

Verfasser des Artikels

Dr. Louis Rönsberg

Rechtsanwalt, Partner
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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