Kündigung des Handelsvertreters – wirksam? Fachanwalt informiert
Wird ein Handelsvertretervertrag (§ 89 Abs. 1 HGB) vom Handelsvertreter oder vom Unternehmer gekündigt, so stellt sich zunächst die Frage, ob diese Kündigung wirksam ist. Dabei sind eine Reihe von Urteilen und Normen des HGB bzw. BGB zu beachte, weiß Rechtsanwalt Dr. Louis Rönsberg, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, der Mandanten im Handelsrecht vertritt. Ein Handelsvertretervertrag kann allerdings auch auf andere Weise enden, etwa durch einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag oder durch die Insolvenz des Unternehmers. Anwalt Dr. Rönsberg gibt einen ersten Überblick zur Frage, wie ein Handelsvertretervertrag beendet werden kann und was die Folgen einer Kündigung sind.
Ende des Handelsvertretervertrages ohne Kündigung
Ist ein Handelsvertretervertrag nur auf eine vorher festgelegte Zeit abgeschlossen, d.h. befristet, so endet er mit dem Ablauf der vertraglichen Frist. Das Ende des Handelsvertretervertrages kann aber auch vom Eintritt oder Nichteintritt eines bestimmten Ereignisses (bedingter Handelsvertretervertrag) abhängig gemacht werden, etwa der Erreichung eines bestimmten Lebensalters des Handelsvertreters (z.B. 65 Jahre). Weiter endet der Handelsvertretervertrag automatisch mit dem Tod des Handelsvertreters, nicht aber unbedingt mit dem Tod des Unternehmers. Der Tod des Unternehmers kann allerdings für den Handelsvertreter einen wichtigen Grund darstellen, der ihn zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Stirbt der Handelsvertreter, so haben dessen Erben ggf. einen Anspruch auf Handelsvertreterausgleich gegen den Unternehmer.
Der Handelsvertretervertrag kann auch jederzeit im beiderseitigen Einverständnis zwischen Handelsvertreter und Unternehmer aufgehoben werden. Auch wenn dies auf Initiative des Handelsvertreters geschieht, entfällt dadurch nicht notwendig sein Handelsvertreterausgleichsanspruch (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.1997, VIII ZR 329/96). Schließlich endet der Handelsvertretervertrag auch ohne Kündigung, wenn über das Vermögen des Unternehmers das Insolvenzverfahren eröffnet wird (§§ 115, 116 InsO). Wird über das Vermögen des Handelsvertreters das Insolvenzverfahren eröffnet, so endet der Handelsvertretervertrag dagegen nicht automatisch. Allerdings kann das Insolvenzverfahren eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen. Ist dies der Fall, so hat der Handelsvertreter in der Regel dennoch einen Anspruch auf Handelsvertreterausgleich, soweit er die Insolvenz nicht verschuldet hat, denn § 89 b Abs. 3, Nr. 2 HGB setzt Verschulden voraus.
Ordentliche Kündigung des Handelsvertreters
Handelsvertreterverträge, die auf unbestimmte Zeit geschlossen sind, können sowohl vom Handelsvertreter als auch vom Unternehmer innerhalb der Fristen des § 89 Abs. 1 HGB gekündigt werden. Danach beträgt die Kündigungsfrist im ersten Vertragsjahr einen Monat, im zweiten Vertragsjahr zwei Monate, im dritten bis fünften Vertragsjahr drei Monate und nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren sechs Monate. Haben Handelsvertreter und Unternehmer nichts anderes vereinbart, ist die Kündigung des Handelsvertretervertrages jeweils zum Ende des Monats zulässig. Gemäß § 89 Abs. 2 HGB ist auch eine Verlängerung der Kündigungsfrist möglich, solange sie für Handelsvertreter und Unternehmer gleich lang ist.
Eine kürzere Kündigungsfrist des Handelsvertretervertrages ist dagegen unzulässig. Auch sogenannte „Kettenverträge“, bei denen ein Handelsvertretervertrag ohne Unterbrechung auf den nächsten folgt, stellen nach deutscher Rechtsprechung ein einheitliches, auf unbestimmte Zeit geschlossenes, Vertragsverhältnis dar, bei dem sich die Kündigungsfrist nach der Gesamtdauer richtet. Kündigt der Unternehmer nur einen Teil des Handelsvertretervertrages („Teilkündigung“), in dem er etwa dem Handelsvertreter einen bestimmten Kundenkreis oder einen Bezirk entzieht, so ist dies nur wirksam, sofern die Teilkündigung entsprechend im Handelsvertretervertrag vorgesehen war (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.1992, Az. IX ZR 200/91). Andernfalls ist sie unwirksam.
Außerordentliche Kündigung des Handelsvertreters
Sowohl der Unternehmer als auch der Handelsvertreter können den Handelsvertretervertrag gem. § 89 a Abs. 1 HGB jederzeit fristlos außerordentlich aus wichtigem Grund kündigen. Ein wichtiger Grund liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und bei Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.2000, VIII ZR 134/99). Zudem muss die außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages gem. § 314 Abs. 3 BGB innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen. Diese sollte nach der Rechtsprechung unter zwei Monaten liegen. Weiter ist vor einer fristlosen Kündigung des Handelsvertretervertrages nach der Rechtsprechung regelmäßig eine vorausgehende Abmahnung notwendig. Dies gilt jedoch nicht bei tiefgreifenden Vertrauensverstößen, da das Vertrauen zwischen Handelsvertreter und Unternehmer regelmäßig auch durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellt werden kann.
Außerordentliche Kündigung durch Unternehmer
Nach der Erfahrung von Rechtsanwalt Dr. Rönsberg erfolgt eine fristlose Kündigung des Unternehmers in der Praxis oftmals wegen eines Verstoßes gegen ein vertraglich vereinbartes oder allgemeines Konkurrenzverbot. Dieser Verstoß kann auch einen tiefgreifenden Vertrauensverstoß bedeuten, sodass dann eine Abmahnung des Handelsvertreters zur Wirksamkeit der Kündigung nicht erforderlich ist. Als zweithäufigsten Grund für eine außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages nennt der Anwalt Täuschungsversuche des Handelsvertreters wie zum Beispiel die Fälschung von Kundenunterschriften oder Auftragsmanipulationen. Nach der Rechtsprechung des BGH kann auch der Versuch einer Straftat des Handelsvertreters zum Nachteil des Unternehmers einen wichtigen Grund darstellen, sofern hinreichender Tatverdacht besteht. Ein wichtiger Grund kann weiter auch beispielsweise in einer groben Vernachlässigung des Bezirks des Handelsvertreters oder des ihm zugewiesenen Abnehmerkreises sowie der groben Missachtung von Weisungen des Unternehmers trotz Abmahnung liegen.
Außerordentliche Kündigung durch Handelsvertreter
Fristlose Kündigungen des Handelsvertretervertrages durch den Handelsvertreter erfolgen dagegen nach der Erfahrung von Rechtsanwalt Dr. Rönsberg oftmals wegen eines arglistigen Verschweigens von provisionspflichtigen Geschäften, wegen der regelmäßigen Verzögerung von Provisionszahlungen oder Zahlungen unter Vorbehalt durch den Unternehmer oder das Ausspannen von Untervertretern. Ein wichtiger Grund kann für den Handelsvertreter jedoch auch darin bestehen, dass der Unternehmer ihm zuvor unberechtigt außerordentlich gekündigt und Dritte über diese Kündigung informiert hatte. Soweit die außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages wegen eines schuldhaften Verhaltens der anderen Vertragspartei erfolgt, hat der Kündigende gem. § 89 a Abs. 2 HGB zudem einen Anspruch auf Schadensersatz, allerdings regelmäßig nur bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist, soweit nicht auf das Recht zur ordentlichen Kündigung verzichtet wurde.
Fazit zur Beendigung des Handelsvertretervertrages
Das Handelsvertreterrecht, ein zentraler Teil des Vertriebsrechts, ist in hohem Maße durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und zahlreicher Oberlandesgerichte (OLG) und Landgerichte (LG) geprägt. Ob ein Handelsvertretervertrag wirksam beendet wurde oder fortbesteht und ob und in welcher Höhe der Handelsvertreter einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB hat, ist eine Frage des Einzelfalls, die von einem auf Handelsrecht spezialisierten Rechtsanwalt beantwortet werden sollte.
Für weiterführende Fragen zum Handelsrecht und Vertriebsrecht, insbesondere zum Handelsvertreterrecht und Handelsvertreterausgleich, stehen Rechtsanwalt Dr. Louis Rönsberg und die anderen Anwälte der Kanzlei gerne zur Verfügung. Rufen Sie uns unverbindlich an!
Verfasser des Artikels

Dr. Louis Rönsberg
Rechtsanwalt, Partner
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht