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Samstag, den 4. Januar 2014 Uhr

OLG Frankfurt/Main – Bank muss nicht immer über Höhe von Provisionen informieren

Rechtsgebiete: Kapitalmarktrecht

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 02.08.2013 (Az. 19 U 298/12) einen Fall entschieden, bei dem die Kausalität zwischen einer unterbliebenen Aufklärung über die Höhe von Rückvergütungen und der Anlageentscheidung sowie der Verjährungsbeginn in Frage standen. Gemäß §§ 195, 199 BGB verjährt ein Anspruch auf Schadensersatz regelmäßig drei Jahre nach Ende des Jahres, in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen (fahrlässige Unkenntnis). Geht es um eine Verletzung der Pflicht zur Aufklärung des Kunden über Provisionen oder Rückvergütungen („Kickbacks“), so ist umstritten, ob die Verjährung bereits mit Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis von der allgemeinen Tatsache abhängt, dass Kickbacks gezahlt wurden, oder ob dafür auch eine Kenntnis über die Höhe der Zahlungen erforderlich ist.

Der Fall

Die Bank hatte dem Kunden eine Kommanditbeteiligung an einem Medienfonds empfohlen, die teilweise über eine Inhaberschuldverschreibung einer anderen Bank finanziert wurde. Die vermittelnde Bank erhielt eine Provision i.H.v. mindestens 8 Prozent. Der Kläger machte u.a. geltend, im Rahmen des Beratungsgesprächs nicht über die Vermittlungsprovision aufgeklärt worden zu sein. Der Kläger hatte bereits früher über die beklagte Bank mehrere Beteiligungen an geschlossenen Fonds abgeschlossen, die jedoch aus deren Konzernverbund (sog. Eigenprodukte) stammten, ohne sich nach der Höhe des Eigeninteresses der Bank zu erkundigen.

Das Urteil

Das OLG Frankfurt am Main vertrat die Ansicht, es fehle an der Kausalität zwischen dem Verschweigen der Rückvergütung bzw. von deren Höhe und der Anlageentscheidung des Klägers. Zwar spreche für den Kläger die „Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens“ (vgl. BGH, Urteil vom 22.03.2011, Az. XI ZR 262/10). Diese werde hier allerdings dadurch widerlegt, dass nicht unwesentliches Motiv für die Beteiligung an dem Fonds die Erzielung von Steuervorteilen gewesen sei. Der Umstand, dass die beratende Bank ein eigenes Gewinninteresse an der Beratung gehabt habe, falle daneben nicht besonders ins Gewicht, denn der Erwerb von steuerbegünstigenden geschlossenen Fondsbeteiligungen sei wohl ohne ein Provisionsinteresse des Beraters nicht zu erlangen.

Das OLG wies weiter auch das Argument des Klägers zurück, wonach er den Agioaufpreis hätte verhandeln können, wenn er von ihm gewusst hätte, denn der Kläger hatte die Höhe des Agios im Beratungsgespräch nie thematisiert. Auch das Argument des Klägers, wonach er in Kenntnis einer über das Agio hinausgehenden Rückvergütung von einem höheren Eigeninteresse des Beraters ausgegangen wäre, ließ das Gericht nicht gelten. Denn der Kläger hatte zuvor bereits mehrfach werthaltige geschlossenen Fonds aus dem Konzernverbund der Bank erworben, ohne sich über die Höhe des Gewinninteresses der Bank zu erkundigen. Bei diesen eigenen Produkten der Beraterin sei deren Gewinninteresse jedoch offenkundig gewesen (vgl. BGH, Urteil vom 27.09.2011, Az. XI ZR 182/10). Dies habe den Kläger nicht abgeschreckt.

Das OLG Frankfurt stellte weiter fest, dass etwaige Ansprüche ohnehin bereits verjährt wären. Denn der Kläger sei schon beim Erwerb der Fondsanteile zutreffend davon ausgegangen, dass die Bank für ihre Vermittlung eine Provision bzw. Rückvergütung erhalten werde. Weiter sei ihm bekannt gewesen, dass ihn die Bank nicht gesondert über die Höhe dieses Eigeninteresses aufgeklärt hatte. Damit kannte er bereits im Jahr des Vertragsschlusses alle „anspruchsbegründenden Umstände“ oder hätte sie jedenfalls in grob fahrlässiger Weise nicht gekannt, da ihm ein weiteres Nachfragen zumutbar gewesen wäre. Eine Kenntnis der konkreten Höhe der Rückvergütung sei nicht erforderlich.

Fazit

Nach Ansicht von Rechtsanwalt Dr. Louis Rönsberg, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, ist das Urteil gut begründet. Das OLG kam offenbar zu der Einsicht, dass der Beratungskunde auch in Kenntnis des über dem Erhalt des Agios hinausgehenden Provisionsinteresses der Bank die Anlage getätigt hätte und dass das Verlangen nach Rückabwicklung eher in einer Vertragsreue in Folge einer steuerlichen Fehlentwicklung der Anlage begründet liegt.

Verfasser des Artikels

Dr. Louis Rönsberg

Rechtsanwalt, Partner
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Dr. Georg Krafft

Rechtsanwalt, Associated Partner

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