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Freitag, den 16. Juni 2017

Stiftungsrecht: Von der Kunstsammlung zur Kunst-Stiftung

Rechtsgebiete: Kunstrecht

Private Sammlungen von Kunst- und Kulturgütern, mit Liebe, viel Sachverstand und hohem Engagement zusammengetragen, werden oftmals in der nächsten Generation aus den unterschiedlichsten Gründen wieder aufgelöst. Der Sammler hat jedoch verschiedene Möglichkeiten die Sammlung langfristig zusammen zu halten und der Verfügungsgewalt seiner Erben oder Dritter zu entziehen. Vererbt oder vermacht er die Kunst- oder Antiquitätensammlung beispielsweise einem Museum, so läuft er Gefahr, dass dieses die Erbschaft oder das Vermächtnis zwar annimmt, dann aber ganz oder teilweise veräußert. Stellt der Sammler die letztwillige Verfügung unter die Bedingung, dass die Sammlung vollständig erhalten bleiben und regelmäßig ausgestellt werden muss, so besteht das Risiko, dass das Museum dieser Pflicht nicht nachkommen will oder kann und die Erbschaft oder das Vermächtnis ausschlägt. Vor diesem Hintergrund erfreuen sich Stiftungslösungen zunehmender Beliebtheit, weiß Rechtsanwalt Dr. Louis Rönsberg, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, der sich auf Fragen des Kunstrechts spezialisiert hat.

Was ist eine „Stiftung“?

Unter den Begriff der „Stiftung“ fallen eine ganze Reihe von rechtlichen Gebilden und Gestaltungen, denn das deutsche Recht kennt keine Rechtsform der „Stiftung“ an sich. Verbindendes Merkmal einer Stiftung ist, dass ein Stifter durch einseitige Willenserklärung ein bestimmtes Vermögen auf Dauer einem von ihm gesetzten Stiftungszweck widmet, dessen Verfolgung aus den Erträgen dieses Vermögens für die weitere Zukunft sichergestellt werden soll. Zu unterscheiden ist zunächst die unselbständige Treuhandstiftung von der selbständigen rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechts („SdbR“). Daneben gelten aber auch der Stiftungsverein und die Stiftungs-GmbH als „Stiftungen“. Welche dieser Stiftungsformen im Einzelfall die Richtige ist, hängt maßgeblich vom beabsichtigten Zweck der Stiftung und der gewünschten Organisationsform ab.

Eine selbständige rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts (SdbR) ist gem. § 80 BGB nach der staatlichen Ankerkennung als juristische Person selbst Rechtsinhaberin des gestifteten Vermögens und wird durch ihre Organe, in der Regel einen Vorstand und gegebenenfalls einen oder mehrere Geschäftsführer, vertreten. Bei einer rechtlich unselbständigen Treuhandstiftung übernimmt dagegen ein Träger die Verwirklichung des Stiftungszwecks. Sie ist daher einfacher zu errichten und bietet auch nach der Errichtung mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Mit der größeren Flexibilität geht jedoch für den Kunstsammler und Stifter auch das höhere Risiko einher, dass der Stiftungszweck nach seinem Ableben gegen seinen Willen geändert wird. Zudem ist eine unselbständige Treuhandstiftung anfälliger für den Zugriff von Gläubigern des Trägers. Soll eine Antiquitäten- oder Kunstsammlung langfristig erhalten bleiben und dem Zugriff Dritter entzogen werden, so ist daher regelmäßig eine selbständige rechtsfähige Stiftung einer Treuhandstiftung vorzuziehen.

Wann ist eine Kunststiftung gemeinnützig und steuerprivilegiert?

Natürlich kann ein „Kunststiftung“ oder „Museumsstiftung“, die den Erhalt der Privatsammlung oder den Betrieb eines Museums zum Gegenstand hat, nach Belieben mit einer „Familienstiftung“ kombiniert werden, die z.B. auf die finanzielle Unterstützung und Förderung von Familienmitgliedern und deren Nachkommen gerichtet ist. Entscheidend ist dabei die Frage, ob der Stifter das Ziel verfolgt, dass die Stiftung als „Gemeinnützig“ anerkannt wird und entsprechende steuerrechtliche Privilegien genießt. Denn zunächst einmal unterliegt eine Stiftung voll der Steuerpflicht und muss – je nach Rechtsform und Umfang der satzungsgemäßen Geschäftstätigkeit – ggf. Körperschafts-, Gewerbe-, Grund-, Grunderwerbs-, Erbschafts- oder Kapitalertragssteuer bezahlen. Erst die staatliche Anerkennung als gemeinnützige Stiftung führt zu verschiedenen Steuerprivilegien.

Eine Kunststiftung oder Museumsstiftung wird gem. § 52 Abs. 1 AO dann als „gemeinnützig“ anerkannt, „wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern„. Die Förderung von „Kunst und Kultur“ ist in § 52 Abs. 2 Nr. 5 AO explizit als „Förderung der Allgemeinheit“ anerkannt. Aber was ist unter „Allgemeinheit“ in diesem Sinne zu verstehen? Gemäß § 52 Abs. 1, S. 2 AO ist eine Förderung der Allgemeinheit jedenfalls dann nicht gegeben, „wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugute kommt, fest abgeschlossen ist, zum Beispiel Zugehörigkeit zu einer Familie“. An der geforderten „Selbstlosigkeit“ fehlt es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, wenn der Gründer mit der Kunststiftung zur Bewahrung und Förderung der Kunstsammlung maßgeblich sein Eigeninteresse am Sammeln und am Besitz von Kunstgegenständen verfolgt.

Wie errichtet man eine Kunststiftung?

Zur Errichtung einer selbständigen rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts (SdbR) i.S.d. §§ 80ff. BGB muss der Stifter zunächst ein sogenanntes „Stiftungsgeschäft“ und eine Stiftungssatzung („Verfassung“) entwerfen. Die Satzung muss den in § 81 BGB geregelten Mindestinhalt umfassen. Das Stiftungsgeschäft stellt eine verbindliche Willenserklärung des Stifters dar, mit der er ein bestimmtes Vermögen einem in der Satzung der Stiftung festgelegten Stiftungszweck widmet. Bei der inhaltlichen Gestaltung des Stiftungsgeschäfts und der Satzung ist besondere Sorgfalt geboten, denn ein Widerruf oder Änderungen sind regelmäßig nur bis zum Zeitpunkt der staatlichen Anerkennung der Stiftung möglich (§ 81 Abs. 2 BGB).

Soll die zu stiftende Sammlung in einem eigenen Museum ausgestellt werden, so kann neben der Sammlung auch eine entsprechende Immobilie in die Stiftung eingebracht und deren Nutzung für die Sammlung festgelegt werden. Alternativ kann der Museumsbau auch in eine weitere Stiftung eingebracht werden, die den Zweck verfolgt, der Sammlungsstiftung unentgeltlich Räume zur Verfügung zu stellen. Schließlich kann die Sammlungsstiftung auch mit finanziellen Mitteln zur Unterhaltung der Sammlung in einem öffentlichen Gebäude ausgestattet werden. Die Benutzung des Museums sollte aus Praktikabilitätsgründen allerdings nicht in der Satzung, sondern in einer gesonderten Hausordnung geregelt werden.

Welchen Umfang sollte das Vermögen der Kunst-Stiftung haben?

Im Stiftungsgeschäft ist das gestiftete Vermögen genau festzulegen. Bei einer Kunststiftung besteht dies zunächst einmal vor allem aus den Kunstwerken oder Kulturgütern, die genau zu individualisieren und zu bezeichnen sind. Neben den üblichen Angaben wie dem Namen der Arbeit oder des Objekts und dem des Künstlers, dem Entstehungsjahres und den genauen Maßen, sind auch Katalog- oder Werkverzeichnisnummern hilfreich. Weiter ist der gemeine Wert der einzelnen Kunstobjekte anzugeben, der im Zweifelsfall durch einen Kunstsachverständigen anhand der Anschaffungskosten, vergleichbarer Marktpreise usw. zu ermitteln ist.

Neben den Kunstobjekten benötigt die Kunststiftung zur langfristigen Erfüllung ihres Stiftungswecks regelmäßig auch eine Ausstattung mit ausreichenden Geldmitteln, mit denen die Lagerung, Pflege, Restaurierung, Versicherung und gegebenenfalls auch die Ausstellung der Arbeiten finanziert werden kann. Denn eine Stiftung wird gem. § 80 Abs. 2, S. 1 BGB von der zuständigen Behörde nur dann staatlich anerkannt und damit rechtlich selbständig, wenn „die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint„. Um die Höhe der benötigten Gelder zu ermitteln, sollten in einem Businessplan verschiedene Szenarien durchgerechnet werden, die – je nach Stiftungszweck – die wahrscheinlich zu erwartenden Einnahmen durch Eintrittsgelder oder Spenden den zu erwartenden Ausgaben gegenüberstellen. Alternativ kann im Stiftungszweck eine bestimmte Dauer der Stiftung festgelegt werden, innerhalb derer das Stiftungsvermögen verbraucht werden sollen („Verbrauchsstiftung“). Dieser Zeitraum muss gem. § 80 Abs. 2, S. 2 BGB mindestens zehn Jahre betragen.

Was ist nach der Errichtung der Kunst-Stiftung zu beachten?

Der Antrag auf staatliche Anerkennung der Sammlungs-Stiftung ist unter Beifügung des Stiftungsgeschäfts und der Satzung bei der im jeweiligen Bundesland zuständigen Anerkennungsbehörde zu stellen. In der Praxis hat es sich als sinnvoll erwiesen, das Stiftungsgeschäft und die Satzung schon im Entwurfsstadium mit der Anerkennungsbehörde und den Finanzbehörden abzustimmen, da nach der Beantragung eine rückwirkende Änderung nicht ohne weiteres möglich ist. Erteilt die zuständige Behörde die Anerkennung der rechtlichen Selbständigkeit, so erteilt das Finanzamt nach Prüfung der förmlichen satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit regelmäßig eine vorläufige gemeinnützigkeitsrechtliche Bescheinigung und nach weiteren Überprüfungen schließlich ggf. einen Freistellungsbescheid, der die Befreiung von der Gewerbe- und Körperschaftssteuer feststellt. Spendenbescheinigungen dürfen durch die Stiftung bereits nach Erhalt des vorläufigen Bescheids ausgestellt werden.

Darüber hinaus müssen die Organe der Kunst-Stiftung oder Museums-Stiftung nach der staatlichen Ankerkennung sicherstellen, dass der satzungsmäßig festgelegte Stiftungszweck auch tatsächlich erfüllt wird. Andernfalls droht die rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit, die erhebliche Steuernachzahlungen zur Folge haben kann. Besteht der Zweck der Kunststiftung in der Errichtung eines Museums, so muss in überprüfbarer Weise mit deren Umsetzung begonnen werden. Besteht der Zweck der Stiftung darin, eine Kunst- oder Antiquitätensammlung auf andere Weise der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, so muss sich die Stiftung um entsprechende Ausstellungen und Präsentationen bemühen. Der Bundesfinanzhof hat beispielsweise mit Beschluss vom 24.05.2016 (Az. V B 123/15) im Ergebnis die rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit einer Kunst-Stiftung für rechtens gehalten, weil die Stifter die Kunstwerke im Wesentlichen in ihren Wohnräumen lagerten, wo sie der Allgemeinheit kaum zugänglich waren.

Fazit: Vorausschauende Planung gewährleistet den Erhalt der Sammlung

Eine Stiftung bietet dem Antiquitäten- oder Kunstsammler die Möglichkeit seine Sammlung langfristig zu sichern und zu erhalten. Damit dies gelingt, sollte die Stiftung jedoch exakt geplant und auf den Weg gebracht werden. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der individuellen Gestaltung der Satzung, denn nach der Ausübung des förmlichen Stiftungsgeschäftes und der Beschlussfassung über die Satzung sind Änderungen nicht mehr ohne weiteres möglich.

Für Rückfragen zu Kunststiftungen oder allgemein zum Stiftungsrecht steht Ihnen Rechtsanwalt Dr. Louis Rönsberg, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht mit Spezialisierung auf Kunstrecht, jederzeit gerne zur Verfügung.

Verfasser des Artikels

Dr. Louis Rönsberg

Rechtsanwalt, Partner
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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