zurück
Donnerstag, den 3. Januar 2013 Uhr

Freie Anlageberater und ausgelagerte Beratungsgesellschaften müssen nicht über Vertriebsprovisionen aufklären

Rechtsgebiete: Kapitalmarktrecht

Seit dem Beginn der sog. „Kick-Back-Rechtsprechung“ des Bundesgerichtshofes ab dem Jahr 2004 wurde die Pflicht von Anlageberatern zur Aufklärung über Provisionen immer weiter konkretisiert. Sie hat Erweiterungen, aber auch entscheidende Beschränkungen erfahren. So hat der BGH mittlerweile den Adressatenkreis der Aufklärungspflicht erheblich begrenzt:

Kick-Back-Rechtsprechung nicht auf freien Anlageberater übertragbar

Mit Urteil vom 15.04.2010 (Az. III ZR 196/09) hat der BGH festgestellt, dass freie nicht bankmäßig gebundene Anlageberater im Gegensatz zu Banken nicht dazu verpflichtet sind, Kunden ungefragt über die Provisionen aufzuklären, die sie von dritter Seite bei erfolgreichem Geschäftsabschluss erhalten. Dies wurde damit begründet, dass es für den Anleger auf der Hand liege, dass der freie Anlageberater nicht kostenlos arbeite, sondern selber an dem Abschluss verdienen wolle. Bei einer Beratung durch eine Bank habe der Anleger dagegen eine andere Erwartungshaltung. Hier sei die Geschäftsbeziehung regelmäßig auf eine längere Dauer angelegt, sodass der Anleger nicht davon ausgehen müsse, dass die Bank auch mit dem konkret empfohlenen Fondsgeschäft indirekt Geld verdienen will.

Kick-Back-Rechtsprechung nicht auf ausgelagerte Beratungsgesellschaft übertragbar

Nun hat der BGH mit Urteil vom 19.07.2012 (Az. III ZR 308/11) festgestellt, dass ausgelagerte selbständige Beratungsgesellschaften von Banken bzw. Sparkassen einem freien Anlageberater in dieser Frage gleichzustellen sind. Auch hier bestehe keine Pflicht zur Aufklärung über Provisionen bei Fondsgeschäften. Ausgangspunkt des Rechtsstreits war die Klage eines Anlegers gegen ein selbständiges Tochterunternehmen einer Sparkasse. Nach der Ansicht des BGH könne ein Anleger auch bei einer solchen reinen Beratungsgesellschaft, die kein klassisches Bankgeschäft betreibe, nicht berechtigterweise annehmen, die Beratung würde kostenlos erfolgen. Dem Anleger fehle das schützenswerte Vertrauen.

Fazit

Mit den vorgestellten Urteilen hat der Bundesgerichtshof letztlich seine bisherige Rechtsprechung konsequent fortgeführt (vgl. Urteil vom 10.11.2011, Az. III ZR 245/10; 03.03.2011, Az. III ZR 170/10). In der Tat muss es einem Anleger einleuchten, dass ein freier Anlageberater, der kein unabhängiges Honorar erhält, nicht kostenlos für ihn tätig wird. Gleiches muss für eine reine Anlageberatungsgesellschaft gelten, die die Anlageberatung ebenfalls offensichtlich nicht als kostenlose Nebendienstleistung betreibt, die etwa durch Gebühren im Kreditgeschäft „querfinanziert“ wird. Der Interessenkonflikt des Beraters ist – wenn es einen solchen geben sollte – offensichtlich.

Will der Anleger wissen, wie viel sein Berater konkret an dem Geschäft verdient, so steht es ihm jederzeit frei, diesen nach der Höhe der Provision zu fragen oder sogar von dem Geschäft Abstand zu nehmen.

Rechtsanwalt Dr. Louis Rönsberg | Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

Verfasser des Artikels

Dr. Louis Rönsberg

Rechtsanwalt, Partner
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Online-Anfrage Profil

Aktuelles

1. Dezember 2021
Cyberkriminalität: Betrug mit Kryptowährung und was im Verdachtsfall zu tun ist
mehr lesen
25. März 2020
Margin Call rechtswidrig? Nachschusspflicht beim Börsenhandel
mehr lesen
4. Januar 2014
OLG Frankfurt/Main – Bank muss nicht immer über Höhe von Provisionen informieren
mehr lesen
Casual Friday Look
ONOFF