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Freitag, den 1. Juli 2022 Uhr

Wichtige Änderungen des Nachweisgesetzes per 01.08.2022 | Kurzfristige Handlungspflichten für die Arbeitgeber

Rechtsgebiete: Arbeitsrecht
Fokusthemen: Unternehmer-Erbrecht und Vermögensnachfolge

Der Deutsche Bundestag hat am 23.06.2022 den Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union verabschiedet. Dieses Gesetz bringt vor allem zahlreiche verpflichtende Neuerungen im Nachweisgesetz mit sich, welche bereits ab dem 01.08.2022 gelten.

Eine weitere wesentliche Neuerung ist, dass Verstöße gegen bestimmte Vorschriften des Nachweisgesetzes erstmals als Ordnungswidrigkeit behandelt werden, welche mit einer Geldbuße von jeweils bis zu 2.000 Euro geahndet werden können. Wenn also von Arbeitgebern die wesentlichen Arbeitsbedingungen von Mitarbeitenden gar nicht, nicht richtig, verspätet, oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur statt in Schriftform niedergelegt werden, kann dies zu einer Geldbuße führen. Hier besteht daher noch vor dem 01.08.2022 Handlungsbedarf.

Folgende Arbeitsbedingungen müssen künftig zusätzlich zu den bereits jetzt in § 2 Nachweisgesetz genannten Vertragsbedingungen schriftlich niedergelegt bzw. in die Arbeitsverträge mit aufgenommen werden:

  • das Enddatum bei befristeten Arbeitsverhältnissen;
  • die Möglichkeit, dass die Mitarbeitenden ihren jeweiligen Arbeitsort frei wählen können, sofern vereinbart;
  • die Dauer der Probezeit, sofern vereinbart;
  • die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen;
  • die Vergütung von Überstunden;
  • die Fälligkeit des Arbeitsentgelts und die Form, in der das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird;
  • die vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für die Schichtänderungen;
  • Einzelheiten zur Arbeit auf Abruf nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz, falls diese vereinbart ist;
  • ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung;
  • im Grundsatz: Name und Anschrift des Versorgungsträgers der betrieblichen Altersversorgung, falls eine solche gewährt wird;
  • das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Mitarbeitenden einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage;
  • ein Hinweis auf die anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen.
  • Ferner werden erweiterte Dokumentationspflichten für Sachverhalte eingeführt, bei denen die Mitarbeitenden länger als vier aufeinanderfolgende Wochen im Ausland arbeiten und/oder der Auslandsaufenthalt unter den Anwendungsbereich der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen fällt.

Wichtig ist ferner, dass neben den ursprünglichen Nachweispflichten auch die o.g. Arbeitsbedingungen vom Arbeitgeber schriftlich, d.h. handschriftlich unterzeichnet, niedergelegt werden müssen. Die elektronische Form bleibt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 NachweisG ausgeschlossen. Eine Information der Mitarbeiter z.B. nur per E-Mail genügt demnach leider nicht.

Wie auch bislang, bleibt es allerdings dabei, dass die Nachweispflichten nicht konstitutiv sind und ein Verstoß gegen die Nachweispflichten die Wirksamkeit des Arbeitsverhältnisses als solches nicht berührt.

Gleichwohl besteht nun für Arbeitgeber dringender Anpassungsbedarf der Vertragsmuster. Bei der Überarbeitung der Vorlagen sollte jetzt – angesichts drohender Bußgelder noch mehr als zuvor – darauf geachtet werden, dass sämtliche durch das geänderte Nachweisgesetz geforderte Angaben enthalten sind. Hierbei empfiehlt es sich, für den Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen, die kürzeste der nunmehr geltenden Fristen zu beachten und dem jeweiligen Arbeitnehmer die verschriftlichten wesentlichen Arbeitsbedingungen spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung auszuhändigen.

Für bestehende Arbeitsverträge, deren Anpassung aufgrund der Gesetzesänderung grundsätzlich nicht notwendig ist, empfehlen wir unseren Mandanten ein Informationsblatt vorzubereiten, welches nach Aufforderung durch den jeweiligen Arbeitnehmer schnell an diesen ausgehändigt werden kann. Schließlich haben Arbeitgeber nach dem Gesetz für die Beantwortung solcher Anfragen nur sieben Tage Zeit.

Verfasser des Artikels

Dr. Oliver Baumann

Rechtsanwalt, Partner
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Ulrike Dörrie

Rechtsanwältin, Partnerin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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